Schulweisheit nuetzt nichts …



…, wenn man Rolf Reinholds ‚philosophieren‘ kapieren moechte. Das „Wissen“, das die Schulen lehren und Kinder gehorsam lernen, verschlieszt Augen und Ohren fuer das, was jeder Mensch hoert, fühlt und sieht und was die Basis dieses ‚philosophierens‘ ausmacht. Irgendwann endet so diese allgemein uebliche Einuebung in uebliche Sichtweisen. Menschen sind dann „wertvolle Mitglieder dieser Gesellschaft“. Sie tun und sehen, was sie sollen, anstatt dessen, was sie wirklich tun und sehen. Sie merken nicht mehr, dass sie sich fremdes „Wissen“ angeeignet haben. Sie halten ihre erworbenen Sichten und die der anderen auch wegen der Aehnlichkeit fuer das non plus ultra. Saetze wie „das muss man so sehen“ bzw. „das muss man so machen“ sind ihnen in „Fleisch und Blut“ uebergegangen. Menschen sind in aller Regel nicht in der Lage, Distanz dazu zu entwickeln. Es nuetzt daher auch nicht, ihnen Vorhaltungen zu machen, wenn sie konform sehen, fuehlen und handeln. Es ist fuer sie hilfreicher, wenn sie durch ‚erleben‘ und ’nachdenken‘ auf moegliches anderes ‚Wissen‘ aufmerksam gemacht werden. Welche Art von „Wissen“ ihnen weiterhelfen koennte, ist im Hinblick auf die verdeckten Wirkungen von konformem (Be-)Lehren und gehorsamem Lernen eine weitere, kaum beantwortbare Frage.

Glauben zu wissen, ist die Verfuehrung jeder „Wissenskultur“, auch der gegenwaertigen. Sie fuehrt dazu, dass Menschen glauben ‚mehr zu wissen‘ als Menschen frueherer Zeiten und anderer Kulturen. Ein hohes Bildungsniveau wird als Garant fuer mehr „Wissen“ betrachtet. Menschen fuegen sich gehorsam in das Bildungssystem und unterstellen, es bringe sie weiter. Im Hinblick auf Konformitaet und gesellschaftlichen Erfolg ist dies eine viel versprechende Annahme. Im Hinblick darauf, ob dieses „Wissen“ der Entwicklung von menschlichen Faehigkeiten dient, ist alles offen. Der Terminus „Wissen“ wird nicht reflektiert. Es ist ein Kennzeichen der oben beschriebenen Zusammenhaenge, dass daraus keine Schluesse fuer eine grundlegende Veraenderung gezogen werden. Daran ist niemand schuld, aber jeder ist dafuer verantwortlich.

Die physistische Philosophie Rolf Reinholds ist ein Angebot, dass aus Sackgassen moegliche Auswege und Antworten auf Fragen zeigen kann. Konsequentes Hinsehen auf das, was ich selber sehe und fuehle, ermoeglicht mir eigenes ’nachdenken‘ und Verzicht auf erworbenes „Wissen“. Im Uebrigen halte ich dieses „Wissen“ fuer Schall und Rauch. Was in unserer Kultur als „Wissen“ gilt, ist in Wirklichkeit eine bestimmte gemeinschaftlich geteilte Interpretation dessen, was Menschen unserer Kultur gewohnheitsmaeszig sehen und fuehlen. Der aufgeklärte, skeptische Blick  David Hume’s hat darauf schon vor 300 Jahren hingewiesen. Ein Blick auf andere Kulturen kann zeigen: Andere „wissen“ anderes. Die geforderte Konformitaet erwartet aber von jedem Einzelnen die Uebernahme einer bestimmten Interpretation. Ignoriert wird dabei, dass jeder die Welt individuell interpretiert, naemlich „… aus der Summe seiner Erlebnisse und Erfahrungen; …“  Das auf diesen Seiten dargestellte ‚philosophieren‘ leitet dazu an, sich an eigene Erlebnisse und Erfahrungen zu erinnern und daraus ein authentisches Weltbild entstehen zu lassen, anstatt mehrheitlich getragenen Sichten  gläubig zu folgen.

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‚erleben‘ und ‚handeln‘ …



… bezeichnen in der Koerperphilosophie die beiden Aktivitaeten die eher schematisch menschlichem Input und Output entsprechen. Zwischen Input und Output geschieht quantitativ und qualitativ mehr „als alle Schulweisheit zu erfassen vermag“. Wenn die Koerperphilosophie Konzepte fuer menschliches ‚handeln‘, Resuemees fuer ’nachdenken‘ zur Verfuegung stellt, dann geht es hier nur um ein ‚reden‘ um Offensichtliches. Die Leser koennten sich hin- und hergerissen fuehlen, wenn sie philosophische Weisheiten finden moechten, um sich daran zu orientieren. Es wird oefter die Frage „Na, und?“ auftauchen. Leser werden auch Ideen, Annahmen und Behauptungen finden, zu denen sie sich verhalten koennen. Sie werden einem Philosophen begegnen, der sich den Gedankenaustausch mit anderen wuenscht, auch weil er seine Koerperphilosophie fuer sich allein so erschlagend findet. Und sie werden schlieszlich einer ganz jungen Koerperphilosophin – i. S. von „noch nicht lang dabei“ –  begegnen, der es gelungen ist, alte untaugliche metaphysisch gepraegte Sichten ueber Bord zu werfen und durch neue funktionale physistisch gepraegte Sichten zu ersetzen.

In der Koerperphilosophie wird der Mensch als ‚ganzes‘ und ‚beschreibbar‘ angesehen.  Es scheint nicht moeglich, den Menschen endgueltig zu bestimmen, so wie es Generationen lang geglaubt worden ist. Menschliches Leben ist vielfaeltig und veraenderlich. ‚endgueltig bestimmbare‘, d.h. fundamentale Aussagen wie die ontologisch-metaphysische Philosophie glaubte und glaubt sie formulieren zu koennen, duerften in hoechstem Masze irrtumsbehaftet sein. Philosophische Fundamentleger klammern z.B. die Vielfalt und Veraenderlichkeit aus – sie abstrahieren -, indem sie von Wahrheit und unveraenderlich Seiendem ausgehen. Die naeheren Bestimmungen von Wahrheit und unveraenderlich Seiendem enthalten hochspekulative (weit weg von Konkretem) Annahmen, die unterschiedlichste philosophische Theorien und Systeme hervorgebracht haben. Diese Spekulationen haben philosophierende Gemueter immer wieder so erhitzt, dass diese nicht gemerkt haben, wie duenn die Luft geworden war, die sie atmeten. Die meisten der gegenwaertigen Philosophen lehnen jede Art von metaphysischer Fundamental-Philosophie ab. Unter Philosophen des letzten Jahrhunderts tauchte sie im Zusammenhang damit auf, unveraenderliche Bedingungen fuer Letztbegruendungen und verlaessliches Wissen zu konstruieren. Damit verbindet sich oft die Vorstellung, sich den verworfenen Fundamenten wieder annaehern zu koennen. Husserl z. B. traute seiner Phaenomenologie zu, der Wahrheitsfindung zu dienen. Der Wahrheit auf der Spur bleiben zu koennen, duerfte auch das Kriterium ‚Falsifizierbarkeit‘ bei Popper dienen.  Vergleichbares findet sich in der Sprachphilosophie bzw. der Analytischen Philosophie oder bei Philosophen, die in der transzendentalphilosophischen Tradition stehen. Aussagen ueber fundamentale Bestimmungen des Menschen ueberlassen Koerperphilosophen den Religionen. Sie schlieszen jedoch religioesen Glauben vom ‚philosophieren‘ aus.  

Koerperphilosophen halten sich fern von spekulativen ‚Wirrtuemern‘. Ihr pragmatischer Ansatz ‚erleben‘ und ‚handeln‘ ergibt statt eines Fundaments zahlreiche Resuemees und ueberschaubare Konzepte, die sich auf konkretes menschliches Leben beziehen. „Diese Resuemees und Konzepte haben den Charakter von Behauptungen.“ (Rolf Reinhold) Sobald sich ein Anlass ergibt, werden sie modifiziert oder verworfen. Bisher unbemerkt gebliebene Aspekte koennen solch ein Anlass sein. Aber auch kritische Bemerkungen anderer veranlassen neues Nachdenken und Veraenderungen. Dies fuegt sich in die koerperphilosophische Tradition ein: „Jeder Schritt ist der erste.“  

Koerperphilosophen gehen von der Annahme aus: „zugaenglich ist jedem Menschen ausschlieszlich das, was dem Gehirn sensorisch uebermittelt wird“ (Rolf Reinhold). Daran sind die peripheren Sensoren genauso wie die inneren Sensoren beteiligt.  Koerperphilosophen gehen ferner davon aus, „dass eine individuelle Sicht der Dinge unumgehbar ist“ (Rolf Reinhold) Beide Annahmen koennen als Behauptungen ueber bzw. als Beschreibungen des ganzen Menschen gelten. Diese Annahmen sind nicht beliebig gesetzt, sondern sie ergeben sich aus ‚beobachten‘ des alltaeglichen menschlichen Tuns und ‚einbeziehen‘ von Forschungsergebnissen der Neurobiologie. ‚Geist‘ kommt in dieser Koerperwelt nicht vor. Jedoch bestreiten Koerperphilosophen ‚Geist‘ nicht. Sie klammern ihn aus, weil ‚Geist‘ sensorisch nicht uebermittelt wird. Es kann daher nicht gesagt werden, worin ‚Geist‘ bestehen soll. Aehnlich verfahren sie mit Vernunft, Verstand, Seele, … etc.

Wenn ‚Geist‘ ausgeklammert wird, neigen metaphysisch gepraegte Philosophen dazu, das Ende der Philosophie auszurufen. Sie neigen dann auch dazu, jede Art von philosophischer Ethik für beliebig zu halten. Aus Sicht der Koerperphilosophie duerfte das Ende  – aus oben genannten Bedenken – fuer jede Philosophie und jede philosophische Ethik gekommen sein, die metaphysisch gepraegten Denktraditionen und Dogmen folgt bzw. entlang entsprechender Kriterien  philosophiert. Koerperphilosophen dagegen halten ‚philosophieren‘ lebendig, weil sie ‚leben‘ mit einbeziehen. Sie stellen Resuemees fuer funktionierendes menschliches ‚handeln‘ zur Verfuegung, die jeder fuer sich erproben kann. Koerperphilosophen koennen entsprechend ihrer eigenen Kenntnisse andere anleiten, ihr ‚handeln‘ mit eigenem Ethos zu verbinden. Mit Ethos bezeichnet Rolf Reinhold all das, was Menschen fuer lebenswert halten. „Als Werte (Praeferenzen) bezeichne ich alle einmal vorgenommenen BeWertungen, die sich bei naeherem Betrachten (bisher mir) immer als AusWertungen von Erlebnissen erweisen. Entsprechend der altgriechischen Auffassung der aktiven Auswahl dieser Werte durch einen Menschen nenne ich dies auch ETHOS. … Werte sind wechselwirksam untereinander verknuepft. Das WertSystem ist als dynamisch und hyperkomplex zu bezeichnen, denn aufgrund ihrer Wechselwirksamkeit veraendern sich Werte, sobald sie bewusst gemacht werden und damit auch gleichzeitig verbundene Werte, die gerade nicht im Bereich der Aufmerksamkeit sind.“Rolf Reinhold

handelnd philosophieren



Die unter „Basisannahmen seiner Pragmatik“ knapp geschilderten Annahmen Rolf Reinholds beschreiben einen Zusammenhang zwischen ‚denken‘ und ‚handeln‘, in dem es Anknuepfungspunkte zu pragmatischen Philosophen – wie z.B. John Dewey – gibt.

‚experience-philosophie‘

Dewey ging philosophierend von ‚experience‘ (‚Erfahrung‘) aus, d.h. er pruefte konzeptionelle Ueberlegungen daran, wie sie zu konkreten Beobachtungen passten. Die Kohaerenz dieser Ueberlegungen wurde erst danach in den Blick genommen. „… the conceptions of reasoning have only a secondary interest in comparison with the reality of facts, since they must be confronted with concrete observations.“ (The Later Works of John Dewey, 1925-1953 Bd.2, S. l3. Dewey-Forschungsstelle Uni Koeln)  Im Rahmen dieses unsystematischen Ansatzes machten sich traditionelle erkenntnistheoretische Probleme und Fragen nach dem Wesen von Geist, Sein, Vernunft, Wahrheit … ueberfluessig, weil es vor allem darum ging, ‚experience‘ und ‚thinking‘ zusammen so zu begreifen, dass Menschen daraus Anregungen fuer ihr handeln erhalten konnten. (Vgl. Stefan Neubert : John Dewey und der Amerikanische Pragmatismus. Eine Online-Veroeffentlichung der Universitaet Koeln.) Im Hinblick darauf, dass ‚handeln‘ stets unter zufaelligen Bedingungen geschieht, gab es nur eine vermutete bzw. wahrscheinliche Wirksamkeit von ‚handeln‘. Denn konzeptionelle Ueberlegungen waren Schlussfolgerungen aus ‚experience‘ und nicht Schlussfolgerungen aus ‚ewigen Normen‘. Handlungsleitende Aussagen fasste Dewey als probabilistische Normen auf. Sie wurden durch jedes neue ‚handeln‘ ueberprueft und waren also grundsaetzlich revidierbar. Das, was fuer alle, die miteinander handelten Geltung beanspruchte, sollte im offenen Dialog jeweils gemeinsam immer wieder entschieden werden. (Vgl. Armin Scherb : John Deweys „Democracy and Educa­tion“. Ein tragfaehiges Erziehungskonzept in der „Postmoderne“? In: Paedagogische Rundschau, 54 (2000) 1, S. 23-34. )

‚organisch‘ handelnd ‚philosophieren‘

Auch die Rolf Reinhold Philosophie „AxioTentaO“ ist im Rahmen von ‚experience‘ anzusiedeln. Sie entstand organisch beim ‚handeln‘ Rolf Reinholds. Konsequent bezeichnet er sie ausschlieszlich als seine Philosophie und nur fuer ihn geltend. Seine verallgemeinernden konzeptionellen Aussagen und Basisannahmen sind Angebote. Jeder wird gebeten zu ueberpruefen, inwieweit sie fuer zutreffend und funktional gehalten werden koennen. Auch bei ihm verfluechtigten sich „ewige Normen“, Wesenheiten wie Geist, Seele, Gott, Vernunft, … angesichts von ‚handeln‘. Er bezeichnet seine Schlussfolgerungen als seine Behauptungen bzw. Annahmen, die jederzeit revidierbar sind. Auch fuer ihn ist der gemeinsame Dialog fuer gemeinsames ‚handeln‘ unverzichtbar, um sich auf Basisannahmen zu verstaendigen. Basisannahmen zu finden und Kriterien zu entwickeln, wie diese begruendet hergeleitet werden koennen, ist fuer Rolf Reinhold die Aufgabe professioneller Philosophen. Einige Anregungen dazu finden sich im Artikel „Philosophie aus Erleben“.

‚dynamisch philosophieren‘

Philosophen bei denen ‚philosophieren‘ von konkretem menschlichen ‚handeln‘ aus beginnt, sind offensichtbar nicht in der Lage ein vollstaendiges philosophisches System zu entwerfen. Das liegt vermutlich nicht an mangelnder Bereitschaft oder an der Unfaehigkeit dieser Philosophen, sondern der Verzicht auf ein Denkgebaeude ergibt sich aus der Sache und aus ihrem Anliegen. Wenn Philosophen den Menschen in den Mittelpunkt stellen – wie dies auch David Hume tat – scheinen sie ins Uferlose zu geraten. Humes dreibaendiger „Treatise“ und die Vielzahl seiner Aufsaetze, einschlieszlich seines historischen Werkes, duerften ein Hinweis darauf sein. Rolf Reinhold vergleicht die Totalität seiner aus ‚handeln‘ gewonnenen Schlussfolgerungen, Basisannahmen und Konzepte gern mit der riesigen Wiese – wie sie sich hinter seinem Haus erstreckt – auf der tausende und abertausende von Grashalmen wachsen. Sie koennen als Repraesentanten fuer Schlussfolgerungen, Ueberlegungen, Problemloesungen, Konzepte und Rahmen gelten, die selbst er nicht auf einmal umfassend betrachten kann. Untersucht ein Forschender Einzelnes duerfte er es fuer sich nur dann klar kriegen koennen, wenn er es in Konstellationen und Zusammenhaengen zu anderem sehen kann, das in der Naehe liegt und viele weitere und auch weitlaeufige bzw. weit entfernte Anknuepfungen hat.

Auch fuer Deweys ‚philosophieren‘ duerfte Vergleichbares zutreffen. “ Dewey …hat in einem langen und ereignisreichen Leben ein Werk geschaffen, das in der amerikanischen Gesamtausgabe 37 Baende von zum Teil weit ueber 400 Seiten umfasst. In dieser beeindruckenden und auf den ersten Blick ueberwaeltigenden Ansammlung von Texten entdeckt der Leser, je tiefer er sich einarbeitet, eine auszerordentliche Fuelle von Themen und Gedanken, …“ (Neubert, ebd. S.54) Diese Fuelle duerfte verwirren, wenn man sich ihr mit systematischen Erwartungen und anderen einschraenkenden Vorannahmen naehert.

’normabweichend philosophieren‘

Organisch-dynamische Philosophen werden von systematischen Philosophen argwoehnisch betrachtet. Kant und mit ihm andere haben diesen Parameter „System“ ausdruecklich als Kennzeichen eines kompetenten Philosophierens betrachtet. Heinz von Foerster hat dieses Systematisieren, das mit konsequentem ‚zerlegen‘ (analysieren) einhergeht, als mögliche Schwaeche unseres Wissenschaftsverstaendnisses bezeichnet und sich fuer ’synthetisieren‘ also eines in Zusammenhaengen sich bewegenden ‚philosophieren‘ ausgesprochen. Philosophie, die von ‚handeln‘ ausgeht, duerfte diesem wissenschaftlichen Merkmal entsprechen. Sie hat den Nachteil, dass sie vieles bisher Gueltige auf den Kopf und Selbstverstaendlichkeiten in Frage stellt. (Vgl. Heinz von Foersters Vortrag im Juni 1994 an der Universitaet Frankfurt am Main ueber: Bewusstsein, Gedaechtnis, Sprache, Magie und andere unbegreifliche Alltaeglichkeiten. Auf einer im Koelner supposé-Verlag veroeffentlichten CD mit dem Titel „2 x 2 = gruen“ nachzuhoeren.)

Basisannahmen seiner Pragmatik


… bezeichnen in der Koerperphilosophie die beiden Aktivitaeten die eher schematisch menschlichem Input und Output entsprechen. Zwischen Input und Output geschieht quantitativ und qualitativ mehr „als alle Schulweisheit zu erfassen vermag“. Wenn die Koerperphilosophie Konzepte fuer menschliches ‚handeln‘, Resuemees fuer ’nachdenken‘ zur Verfuegung stellt, dann geht es hier nur um ein ‚reden‘ um Offensichtliches. Die Leser koennten sich hin- und hergerissen fuehlen, wenn sie philosophische Weisheiten finden moechten, um sich daran zu orientieren. Es wird oefter die Frage „Na, und?“ auftauchen. Leser werden auch Ideen, Annahmen und Behauptungen finden, zu denen sie sich verhalten koennen. Sie werden einem Philosophen begegnen, der sich den Gedankenaustausch mit anderen wuenscht, auch weil er seine Koerperphilosophie fuer sich allein so erschlagend findet. Und sie werden schlieszlich einer ganz jungen Koerperphilosophin – i. S. von „noch nicht lang dabei“ –  begegnen, der es gelungen ist, alte untaugliche metaphysisch gepraegte Sichten ueber Bord zu werfen und durch neue funktionale physistisch gepraegte Sichten zu ersetzen.

In der Koerperphilosophie wird der Mensch als ‚ganzes‘ und ‚beschreibbar‘ angesehen.  Es scheint nicht moeglich, den Menschen endgueltig zu bestimmen, so wie es Generationen lang geglaubt worden ist. Menschliches Leben ist vielfaeltig und veraenderlich. ‚endgueltig bestimmbare‘, d.h. fundamentale Aussagen wie die ontologisch-metaphysische Philosophie glaubte und glaubt sie formulieren zu koennen, duerften in hoechstem Masze irrtumsbehaftet sein. Philosophische Fundamentleger klammern z.B. die Vielfalt und Veraenderlichkeit aus – sie abstrahieren -, indem sie von Wahrheit und unveraenderlich Seiendem ausgehen. Die naeheren Bestimmungen von Wahrheit und unveraenderlich Seiendem enthalten hochspekulative (weit weg von Konkretem) Annahmen, die unterschiedlichste philosophische Theorien und Systeme hervorgebracht haben. Diese Spekulationen haben philosophierende Gemueter immer wieder so erhitzt, dass diese nicht gemerkt haben, wie duenn die Luft geworden war, die sie atmeten. Die meisten der gegenwaertigen Philosophen lehnen jede Art von metaphysischer Fundamental-Philosophie ab. Unter Philosophen des letzten Jahrhunderts tauchte sie im Zusammenhang damit auf, unveraenderliche Bedingungen fuer Letztbegruendungen und verlaessliches Wissen zu konstruieren. Damit verbindet sich oft die Vorstellung, sich den verworfenen Fundamenten wieder annaehern zu koennen. Husserl z. B. traute seiner Phaenomenologie zu, der Wahrheitsfindung zu dienen. Der Wahrheit auf der Spur bleiben zu koennen, duerfte auch das Kriterium ‚Falsifizierbarkeit‘ bei Popper dienen.  Vergleichbares findet sich in der Sprachphilosophie bzw. der Analytischen Philosophie oder bei Philosophen, die in der transzendentalphilosophischen Tradition stehen. Aussagen ueber fundamentale Bestimmungen des Menschen ueberlassen Koerperphilosophen den Religionen. Sie schlieszen jedoch religioesen Glauben vom ‚philosophieren‘ aus.  

Koerperphilosophen halten sich fern von spekulativen ‚Wirrtuemern‘. Ihr pragmatischer Ansatz ‚erleben‘ und ‚handeln‘ ergibt statt eines Fundaments zahlreiche Resuemees und ueberschaubare Konzepte, die sich auf konkretes menschliches Leben beziehen. „Diese Resuemees und Konzepte haben den Charakter von Behauptungen.“ (Rolf Reinhold) Sobald sich ein Anlass ergibt, werden sie modifiziert oder verworfen. Bisher unbemerkt gebliebene Aspekte koennen solch ein Anlass sein. Aber auch kritische Bemerkungen anderer veranlassen neues Nachdenken und Veraenderungen. Dies fuegt sich in die koerperphilosophische Tradition ein: „Jeder Schritt ist der erste.“  

Koerperphilosophen gehen von der Annahme aus: „zugaenglich ist jedem Menschen ausschlieszlich das, was dem Gehirn sensorisch uebermittelt wird“ (Rolf Reinhold). Daran sind die peripheren Sensoren genauso wie die inneren Sensoren beteiligt.  Koerperphilosophen gehen ferner davon aus, „dass eine individuelle Sicht der Dinge unumgehbar ist“ (Rolf Reinhold) Beide Annahmen koennen als Behauptungen ueber bzw. als Beschreibungen des ganzen Menschen gelten. Diese Annahmen sind nicht beliebig gesetzt, sondern sie ergeben sich aus ‚beobachten‘ des alltaeglichen menschlichen Tuns und ‚einbeziehen‘ von Forschungsergebnissen der Neurobiologie. ‚Geist‘ kommt in dieser Koerperwelt nicht vor. Jedoch bestreiten Koerperphilosophen ‚Geist‘ nicht. Sie klammern ihn aus, weil ‚Geist‘ sensorisch nicht uebermittelt wird. Es kann daher nicht gesagt werden, worin ‚Geist‘ bestehen soll. Aehnlich verfahren sie mit Vernunft, Verstand, Seele, … etc.

Wenn ‚Geist‘ ausgeklammert wird, neigen metaphysisch gepraegte Philosophen dazu, das Ende der Philosophie auszurufen. Sie neigen dann auch dazu, jede Art von philosophischer Ethik für beliebig zu halten. Aus Sicht der Koerperphilosophie duerfte das Ende  – aus oben genannten Bedenken – fuer jede Philosophie und jede philosophische Ethik gekommen sein, die metaphysisch gepraegten Denktraditionen und Dogmen folgt bzw. entlang entsprechender Kriterien  philosophiert. Koerperphilosophen dagegen halten ‚philosophieren‘ lebendig, weil sie ‚leben‘ mit einbeziehen. Sie stellen Resuemees fuer funktionierendes menschliches ‚handeln‘ zur Verfuegung, die jeder fuer sich erproben kann. Koerperphilosophen koennen entsprechend ihrer eigenen Kenntnisse andere anleiten, ihr ‚handeln‘ mit eigenem Ethos zu verbinden. Mit Ethos bezeichnet Rolf Reinhold all das, was Menschen fuer lebenswert halten. „Als Werte (Praeferenzen) bezeichne ich alle einmal vorgenommenen BeWertungen, die sich bei naeherem Betrachten (bisher mir) immer als AusWertungen von Erlebnissen erweisen. Entsprechend der altgriechischen Auffassung der aktiven Auswahl dieser Werte durch einen Menschen nenne ich dies auch ETHOS. … Werte sind wechselwirksam untereinander verknuepft. Das WertSystem ist als dynamisch und hyperkomplex zu bezeichnen, denn aufgrund ihrer Wechselwirksamkeit veraendern sich Werte, sobald sie bewusst gemacht werden und damit auch gleichzeitig verbundene Werte, die gerade nicht im Bereich der Aufmerksamkeit sind.“Rolf Reinhold

Rolf Reinhold und DIEPhilosophie



Rolf Reinhold fing an zu philosophieren, als sein Leben noch in den Kinderschuhen steckte. Seine Aeusserung im Religionsunterricht „Auch Moses war nur ein Mensch“ kann als einer von vielen Hinweisen dafuer gelten, dass ihm Autoritaetsglaeubigkeit stets fremd gewesen ist. Sein Resuemee, dass Menschen sich durch ihre Eigenheiten unterscheiden, veranlasste ihn ‚akzeptieren‘ anderer zu praktizieren.

Verwandte Ansaetze

Als er Jahrzehnte spaeter feststellte, dass seine Schlussfolgerungen aus seinem Hinsehen und Handeln eine Art zusammenhaengendes Ganzes ergab, das auch sein Beratungsangebot trug, stellte er bei seinen ersten philosophiegeschichtlichen Forschungen fest, dass er seine Art und Weise die Dinge zu sehen, teilweise in sensualistischen, konstruktivistischen, skeptischen und empirokritizistischen Philosophien wieder fand. Die Freude darueber Verwandtes zu finden, wurde getruebt durch die Tatsache, dass alle diese Philosophien randstaendig waren.

Philosophischer Mainstream

Wenn die Schlussfolgerungen lebenslangen eigenen Hinsehens und Handelns als nebensaechlich charakterisiert werden, worin besteht Philosophieren dann hauptsaechlich? Innerhalb von drei Jahren fand Rolf Reinhold erste brauchbare Antworten, die er mir zum Diskurs anbot, als wir uns vor 4 Jahren kennen lernten. Ich war damals eine Vertreterin der hauptsaechlichen Philosophie. D.h. ich ging ganz selbstverstaendlich davon aus, dass Menschen aus Koerper und Geist-Seele bestehen, dass „gut“ und „boese“, „richtig“ und „falsch“, notwendige und hilfreiche Kategorisierungen, dass „Objektivitaet“ und „Wahrheit“ sinnvolle Ziele seien. Inzwischen hat unser Diskurs mich dazu angeregt, jenseits meiner uebernommenen Dogmen meine eigenen Werte und physistischen Sichten zu entdecken. Ich habe nichts verloren, sondern Lebenswertes gewonnen. Wie es kam, dass ich mich auf diesen Diskurs einliess, erfahren Sie hier.

Charakteristika von DIEPhilosophie

Ausgehend von der Unterscheidung zwischen nebensaechlich und hauptsaechlich, lassen sich aus Reinholdscher Sicht folgende Merkmale fuer die hauptsaechliche Philosophie ausmachen – Rolf Reinhold bezeichnet sie auch als „DIEPhi“ bzw. als „philosophischen Mainstream“:

Der philosophische Mainstream

  1. haelt Metaphysik fuer Philosophie.
  2. handelt mit mythischen Denkfiguren
  3. pflegt Traditionelles

1.      Auch wenn Metaphysik nicht mehr ausdruecklich im Wortschatz der „DIEPhi“ vorkommt, lassen sich Merkmale und Vorgehensweisen finden, die ihre metaphysische Herkunft verraten. Es handelt sich dabei vor allem um die Auffassung, dass Menschen Koerper und Geist haetten. Philosophen, die sich darauf beziehen, bestehen auch darauf, dass Bewusstsein, Vernunft, Verstand und eine irgendwie geartete geistige Zugriffsweise brauchbare philosophische Werkzeuge zu sein haetten, da man sonst sinnvollerweise von Philosophie nicht mehr reden koenne. Sie geben stets der Theorie den Vorzug vor der Pragmatik und halten sie fuer dieser ueberlegen.Peter Bieriund Ernst Tugendhat koennen stellvertretend fuer viele gelten, die an Hochschulen und mit Veroeffentlichungen dafuer eintreten. Sie setzen Sichtweisen fort, die sich u.a. aus Kant’s Transzendentalphilosophieeiner „reinen Vernunft“ ergeben, die letztlich auf cartesianische, platonische und aristotelischeAnnahmen zurueckgehen.

2.      „DIEPhi“ operiert implizit mit Vorstellungen, dass „Geist“, “ Bewusstsein“, „Verstand“ und „Vernunft“ ein „Etwas“ sei. Daraus leitet sie weiter den Mythos ab, dass dieses „Etwas“ uns zum Macher unseres Handelns befaehige. Dabei spielt das „Ich“ eine zentrale Rolle, dem durch die Behauptung, dass es immer dasselbe sei, Konstanz und Dominanz unterstellt wird. Die Ergebnisse naturwissenschaftlicher Menschenforschungen werden von „DIEPhi“ daher im allgemeinen marginalisiert oder instrumentalisiert.

3.       „DIEPhi“ beschaeftigt sich demzufolge nicht mit einem konkreten Gegenstand des Forschens, sondern handelt mit Erklaerungsmodellen bzw. Theorien, die an traditionelle anknuepfen. Deren Brauchbarkeit fuer die Gegenwart wird fraglos vorausgesetzt. Die Distanz zu Problemen von Menschen heute wird so immer groesser. Der traditionelle Ballast der Sprache und Vorstellungen macht „DIEPhi“ unkapierbar.

EigentlichePhilosophie

Die Rolf Reinholdsche Alternative  EigentlichePhilosophie schliesst Metaphysik und Mythos aus und fordert auf zu den Dingen zu gehen, um aus gemeinsamen Hinsehen darauf Annahmen und Schlussfolgerungen zu finden, die ein gemeinsames Handeln – Forschen einschliesslich – besser funktionieren lassen, als dies DIEPhilosophie mit 2500 jaehrigem Ballast im Gepaeck leisten kann. Die Annahmen Rolf Reinholds sind reflektierter und jederzeit disponabler Inhalt seines Philosophierens. Aus seiner Sicht sollte EigentlichePhilosophie anstelle der zum Glauben gewandelten „DIEPhi“ die einzig akzeptierte sein.

Einen ähnlichen Rahmen zu philosophieren, hatte auch Hume  vor ungefähr 250 Jahren vorgeschlagen. Er verabschiedete sich von der traditionellen Philosophie weil sie seinen eigenen Forschungen und Schlussfolgerungen nicht entsprach.  Er hatte herausgefunden , …

„…, dass die Philosophie ueber menschliches Handeln seit der Antike mit derselben Unzulaenglichkeit arbeitet wie die Naturwissenschaften. …  Ich halte es inzwischen fuer eine Tatsache, dass die meisten verstorbenen Philosophen Opfer ihrer eigenen ueberragenden geistigen Faehigkeiten geworden sind. Außerdem bin ich sicher, dass man nicht viel mehr tun muss, um zu verwertbaren Ergebnissen zu kommen, als alle diese alten Vorurteile zugunsten der eigenen Meinung oder der anderer wegzuwerfen. Davon duerfte es letztlich abhaengen, ob meine Schlussfolgerungen fuer zutreffend gehalten werden oder nicht.“
David Hume: Brief an einen Arzt. Edinburgh 1734.

Konsequent sensualistisch


Die Gegenstände dieser Philosophie sind ausschließlich sinnlich erfaßbar

Diese Philosophie ist völlig frei von jeder Art von Glaubensinhalten und beschränkt sich in ihren
Aussagen auf das mit den Sinnen Erfassbare. Damit ist gesichert, dass der Gegenstand der Diskussion
gemeinsam betrachtet und über die von den Beteiligten daran gemachten Unterscheidungen
diskutiert werden kann.

Diese Einschränkung auf das sinnlich Erfassbare ergibt sich zwingend notwendig aus der
Beobachtung, dass über Glaubensinhalte zwar geredet, nicht aber diskutiert werden kann. Denn die
Glaubensinhalte jedes Menschen sind unveräußerlich und stehen nicht zur Disposition.

Damit entfällt innerhalb der Diskussion der Rückgriff auf den zentralen Begriff jedes Glaubens,
nämlich ‚Wahrheit‘ sowie alle davon unmittelbar oder mittelbar abgeleiteten.

Aus: Rolf Reinholds ETHOS – Projekt

Von „sinnlich Erfassbarem“ waren auch schottische, irische und französische Aufklärer wie Condillac, Berkeley und
Locke fürs Philosophieren ausgegangen. Während diese sich wieder in den Glaubensinhalten der Metaphysik
verirrten, hat es aus meiner Sicht nur Hume geschafft, sich ähnlich konsequent wie Rolf Reinhold sensualistisch zu
orientieren.

Die Bezeichnung ’sensualistisch‘ verwende ich für die Rolf Reinhold Philosophie in ihrer ausschließlich konkreten
Bedeutung ‚wahrnehmbar‘ . Andere Mitbedeutungen sind unzutreffend, die sich von ‚ein Merkmal bestimmter Erkenntnistheorien‘ ableiten.  Sie  entstammen dem metaphysischen Philosophieren,  das für die Rolf Reinhold Philosophie völlig ausgeschlossen wird.

Philosophie aus Erleben


Flexibel, weil …

  • … jede Schlussfolgerung eine Behauptung aus Erlebtem ist,
  • … jede Annahme, von solchen Behauptungen ausgeht,
  • … jede Behauptung Fragen aufwirft und
  • Wahrheit ein Maerchen ist, das  nicht erlebbar ist.

stimmig, weil …

  • … ‚hinsehen‘ und ‚erleben‘ ausgewertet werden.
  • … Werte so eigenbestimmt entstehen,
  • … ergo: ICH der einzige Massstab von ‚denken‘ und ‚handeln‘ ist

gründlich, weil …

  • … ‚hinsehen‘, ‚hinsehen‘ und nochmals ‚hinsehen‘ geuebt wird
  • … ‚eigene und fremde  Beobachtungen‘  ‚durch ‚hinsehen‘  geprueft werden
  • … jede moegliche Schlussfolgerung bzw. Überlegung miteinbezogen wird und
  • … Kritik anderer akzeptiert und reflektiert wird.

und koerperbasiert, weil …

  • … ‚erleben‘ koerperumfassend betrachtet wird,
  • … eigene Werte als Ergebnisse neurobiologischer Prozesse und Aktivitaeten aufgefasst werden,
  • … ‚reflektieren‘ und ‚denken‘ als Simulation von Organlagen angesehen werden und
  • … ‚handeln‘ und ’sprechen‘  den spontanen Output koerpereigenen Verarbeitens bezeichnen.