‚erleben‘ und ‚handeln‘ …



… bezeichnen in der Koerperphilosophie die beiden Aktivitaeten die eher schematisch menschlichem Input und Output entsprechen. Zwischen Input und Output geschieht quantitativ und qualitativ mehr „als alle Schulweisheit zu erfassen vermag“. Wenn die Koerperphilosophie Konzepte fuer menschliches ‚handeln‘, Resuemees fuer ’nachdenken‘ zur Verfuegung stellt, dann geht es hier nur um ein ‚reden‘ um Offensichtliches. Die Leser koennten sich hin- und hergerissen fuehlen, wenn sie philosophische Weisheiten finden moechten, um sich daran zu orientieren. Es wird oefter die Frage „Na, und?“ auftauchen. Leser werden auch Ideen, Annahmen und Behauptungen finden, zu denen sie sich verhalten koennen. Sie werden einem Philosophen begegnen, der sich den Gedankenaustausch mit anderen wuenscht, auch weil er seine Koerperphilosophie fuer sich allein so erschlagend findet. Und sie werden schlieszlich einer ganz jungen Koerperphilosophin – i. S. von „noch nicht lang dabei“ –  begegnen, der es gelungen ist, alte untaugliche metaphysisch gepraegte Sichten ueber Bord zu werfen und durch neue funktionale physistisch gepraegte Sichten zu ersetzen.

In der Koerperphilosophie wird der Mensch als ‚ganzes‘ und ‚beschreibbar‘ angesehen.  Es scheint nicht moeglich, den Menschen endgueltig zu bestimmen, so wie es Generationen lang geglaubt worden ist. Menschliches Leben ist vielfaeltig und veraenderlich. ‚endgueltig bestimmbare‘, d.h. fundamentale Aussagen wie die ontologisch-metaphysische Philosophie glaubte und glaubt sie formulieren zu koennen, duerften in hoechstem Masze irrtumsbehaftet sein. Philosophische Fundamentleger klammern z.B. die Vielfalt und Veraenderlichkeit aus – sie abstrahieren -, indem sie von Wahrheit und unveraenderlich Seiendem ausgehen. Die naeheren Bestimmungen von Wahrheit und unveraenderlich Seiendem enthalten hochspekulative (weit weg von Konkretem) Annahmen, die unterschiedlichste philosophische Theorien und Systeme hervorgebracht haben. Diese Spekulationen haben philosophierende Gemueter immer wieder so erhitzt, dass diese nicht gemerkt haben, wie duenn die Luft geworden war, die sie atmeten. Die meisten der gegenwaertigen Philosophen lehnen jede Art von metaphysischer Fundamental-Philosophie ab. Unter Philosophen des letzten Jahrhunderts tauchte sie im Zusammenhang damit auf, unveraenderliche Bedingungen fuer Letztbegruendungen und verlaessliches Wissen zu konstruieren. Damit verbindet sich oft die Vorstellung, sich den verworfenen Fundamenten wieder annaehern zu koennen. Husserl z. B. traute seiner Phaenomenologie zu, der Wahrheitsfindung zu dienen. Der Wahrheit auf der Spur bleiben zu koennen, duerfte auch das Kriterium ‚Falsifizierbarkeit‘ bei Popper dienen.  Vergleichbares findet sich in der Sprachphilosophie bzw. der Analytischen Philosophie oder bei Philosophen, die in der transzendentalphilosophischen Tradition stehen. Aussagen ueber fundamentale Bestimmungen des Menschen ueberlassen Koerperphilosophen den Religionen. Sie schlieszen jedoch religioesen Glauben vom ‚philosophieren‘ aus.  

Koerperphilosophen halten sich fern von spekulativen ‚Wirrtuemern‘. Ihr pragmatischer Ansatz ‚erleben‘ und ‚handeln‘ ergibt statt eines Fundaments zahlreiche Resuemees und ueberschaubare Konzepte, die sich auf konkretes menschliches Leben beziehen. „Diese Resuemees und Konzepte haben den Charakter von Behauptungen.“ (Rolf Reinhold) Sobald sich ein Anlass ergibt, werden sie modifiziert oder verworfen. Bisher unbemerkt gebliebene Aspekte koennen solch ein Anlass sein. Aber auch kritische Bemerkungen anderer veranlassen neues Nachdenken und Veraenderungen. Dies fuegt sich in die koerperphilosophische Tradition ein: „Jeder Schritt ist der erste.“  

Koerperphilosophen gehen von der Annahme aus: „zugaenglich ist jedem Menschen ausschlieszlich das, was dem Gehirn sensorisch uebermittelt wird“ (Rolf Reinhold). Daran sind die peripheren Sensoren genauso wie die inneren Sensoren beteiligt.  Koerperphilosophen gehen ferner davon aus, „dass eine individuelle Sicht der Dinge unumgehbar ist“ (Rolf Reinhold) Beide Annahmen koennen als Behauptungen ueber bzw. als Beschreibungen des ganzen Menschen gelten. Diese Annahmen sind nicht beliebig gesetzt, sondern sie ergeben sich aus ‚beobachten‘ des alltaeglichen menschlichen Tuns und ‚einbeziehen‘ von Forschungsergebnissen der Neurobiologie. ‚Geist‘ kommt in dieser Koerperwelt nicht vor. Jedoch bestreiten Koerperphilosophen ‚Geist‘ nicht. Sie klammern ihn aus, weil ‚Geist‘ sensorisch nicht uebermittelt wird. Es kann daher nicht gesagt werden, worin ‚Geist‘ bestehen soll. Aehnlich verfahren sie mit Vernunft, Verstand, Seele, … etc.

Wenn ‚Geist‘ ausgeklammert wird, neigen metaphysisch gepraegte Philosophen dazu, das Ende der Philosophie auszurufen. Sie neigen dann auch dazu, jede Art von philosophischer Ethik für beliebig zu halten. Aus Sicht der Koerperphilosophie duerfte das Ende  – aus oben genannten Bedenken – fuer jede Philosophie und jede philosophische Ethik gekommen sein, die metaphysisch gepraegten Denktraditionen und Dogmen folgt bzw. entlang entsprechender Kriterien  philosophiert. Koerperphilosophen dagegen halten ‚philosophieren‘ lebendig, weil sie ‚leben‘ mit einbeziehen. Sie stellen Resuemees fuer funktionierendes menschliches ‚handeln‘ zur Verfuegung, die jeder fuer sich erproben kann. Koerperphilosophen koennen entsprechend ihrer eigenen Kenntnisse andere anleiten, ihr ‚handeln‘ mit eigenem Ethos zu verbinden. Mit Ethos bezeichnet Rolf Reinhold all das, was Menschen fuer lebenswert halten. „Als Werte (Praeferenzen) bezeichne ich alle einmal vorgenommenen BeWertungen, die sich bei naeherem Betrachten (bisher mir) immer als AusWertungen von Erlebnissen erweisen. Entsprechend der altgriechischen Auffassung der aktiven Auswahl dieser Werte durch einen Menschen nenne ich dies auch ETHOS. … Werte sind wechselwirksam untereinander verknuepft. Das WertSystem ist als dynamisch und hyperkomplex zu bezeichnen, denn aufgrund ihrer Wechselwirksamkeit veraendern sich Werte, sobald sie bewusst gemacht werden und damit auch gleichzeitig verbundene Werte, die gerade nicht im Bereich der Aufmerksamkeit sind.“Rolf Reinhold

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Rolf Reinhold und DIEPhilosophie



Rolf Reinhold fing an zu philosophieren, als sein Leben noch in den Kinderschuhen steckte. Seine Aeusserung im Religionsunterricht „Auch Moses war nur ein Mensch“ kann als einer von vielen Hinweisen dafuer gelten, dass ihm Autoritaetsglaeubigkeit stets fremd gewesen ist. Sein Resuemee, dass Menschen sich durch ihre Eigenheiten unterscheiden, veranlasste ihn ‚akzeptieren‘ anderer zu praktizieren.

Verwandte Ansaetze

Als er Jahrzehnte spaeter feststellte, dass seine Schlussfolgerungen aus seinem Hinsehen und Handeln eine Art zusammenhaengendes Ganzes ergab, das auch sein Beratungsangebot trug, stellte er bei seinen ersten philosophiegeschichtlichen Forschungen fest, dass er seine Art und Weise die Dinge zu sehen, teilweise in sensualistischen, konstruktivistischen, skeptischen und empirokritizistischen Philosophien wieder fand. Die Freude darueber Verwandtes zu finden, wurde getruebt durch die Tatsache, dass alle diese Philosophien randstaendig waren.

Philosophischer Mainstream

Wenn die Schlussfolgerungen lebenslangen eigenen Hinsehens und Handelns als nebensaechlich charakterisiert werden, worin besteht Philosophieren dann hauptsaechlich? Innerhalb von drei Jahren fand Rolf Reinhold erste brauchbare Antworten, die er mir zum Diskurs anbot, als wir uns vor 4 Jahren kennen lernten. Ich war damals eine Vertreterin der hauptsaechlichen Philosophie. D.h. ich ging ganz selbstverstaendlich davon aus, dass Menschen aus Koerper und Geist-Seele bestehen, dass „gut“ und „boese“, „richtig“ und „falsch“, notwendige und hilfreiche Kategorisierungen, dass „Objektivitaet“ und „Wahrheit“ sinnvolle Ziele seien. Inzwischen hat unser Diskurs mich dazu angeregt, jenseits meiner uebernommenen Dogmen meine eigenen Werte und physistischen Sichten zu entdecken. Ich habe nichts verloren, sondern Lebenswertes gewonnen. Wie es kam, dass ich mich auf diesen Diskurs einliess, erfahren Sie hier.

Charakteristika von DIEPhilosophie

Ausgehend von der Unterscheidung zwischen nebensaechlich und hauptsaechlich, lassen sich aus Reinholdscher Sicht folgende Merkmale fuer die hauptsaechliche Philosophie ausmachen – Rolf Reinhold bezeichnet sie auch als „DIEPhi“ bzw. als „philosophischen Mainstream“:

Der philosophische Mainstream

  1. haelt Metaphysik fuer Philosophie.
  2. handelt mit mythischen Denkfiguren
  3. pflegt Traditionelles

1.      Auch wenn Metaphysik nicht mehr ausdruecklich im Wortschatz der „DIEPhi“ vorkommt, lassen sich Merkmale und Vorgehensweisen finden, die ihre metaphysische Herkunft verraten. Es handelt sich dabei vor allem um die Auffassung, dass Menschen Koerper und Geist haetten. Philosophen, die sich darauf beziehen, bestehen auch darauf, dass Bewusstsein, Vernunft, Verstand und eine irgendwie geartete geistige Zugriffsweise brauchbare philosophische Werkzeuge zu sein haetten, da man sonst sinnvollerweise von Philosophie nicht mehr reden koenne. Sie geben stets der Theorie den Vorzug vor der Pragmatik und halten sie fuer dieser ueberlegen.Peter Bieriund Ernst Tugendhat koennen stellvertretend fuer viele gelten, die an Hochschulen und mit Veroeffentlichungen dafuer eintreten. Sie setzen Sichtweisen fort, die sich u.a. aus Kant’s Transzendentalphilosophieeiner „reinen Vernunft“ ergeben, die letztlich auf cartesianische, platonische und aristotelischeAnnahmen zurueckgehen.

2.      „DIEPhi“ operiert implizit mit Vorstellungen, dass „Geist“, “ Bewusstsein“, „Verstand“ und „Vernunft“ ein „Etwas“ sei. Daraus leitet sie weiter den Mythos ab, dass dieses „Etwas“ uns zum Macher unseres Handelns befaehige. Dabei spielt das „Ich“ eine zentrale Rolle, dem durch die Behauptung, dass es immer dasselbe sei, Konstanz und Dominanz unterstellt wird. Die Ergebnisse naturwissenschaftlicher Menschenforschungen werden von „DIEPhi“ daher im allgemeinen marginalisiert oder instrumentalisiert.

3.       „DIEPhi“ beschaeftigt sich demzufolge nicht mit einem konkreten Gegenstand des Forschens, sondern handelt mit Erklaerungsmodellen bzw. Theorien, die an traditionelle anknuepfen. Deren Brauchbarkeit fuer die Gegenwart wird fraglos vorausgesetzt. Die Distanz zu Problemen von Menschen heute wird so immer groesser. Der traditionelle Ballast der Sprache und Vorstellungen macht „DIEPhi“ unkapierbar.

EigentlichePhilosophie

Die Rolf Reinholdsche Alternative  EigentlichePhilosophie schliesst Metaphysik und Mythos aus und fordert auf zu den Dingen zu gehen, um aus gemeinsamen Hinsehen darauf Annahmen und Schlussfolgerungen zu finden, die ein gemeinsames Handeln – Forschen einschliesslich – besser funktionieren lassen, als dies DIEPhilosophie mit 2500 jaehrigem Ballast im Gepaeck leisten kann. Die Annahmen Rolf Reinholds sind reflektierter und jederzeit disponabler Inhalt seines Philosophierens. Aus seiner Sicht sollte EigentlichePhilosophie anstelle der zum Glauben gewandelten „DIEPhi“ die einzig akzeptierte sein.

Einen ähnlichen Rahmen zu philosophieren, hatte auch Hume  vor ungefähr 250 Jahren vorgeschlagen. Er verabschiedete sich von der traditionellen Philosophie weil sie seinen eigenen Forschungen und Schlussfolgerungen nicht entsprach.  Er hatte herausgefunden , …

„…, dass die Philosophie ueber menschliches Handeln seit der Antike mit derselben Unzulaenglichkeit arbeitet wie die Naturwissenschaften. …  Ich halte es inzwischen fuer eine Tatsache, dass die meisten verstorbenen Philosophen Opfer ihrer eigenen ueberragenden geistigen Faehigkeiten geworden sind. Außerdem bin ich sicher, dass man nicht viel mehr tun muss, um zu verwertbaren Ergebnissen zu kommen, als alle diese alten Vorurteile zugunsten der eigenen Meinung oder der anderer wegzuwerfen. Davon duerfte es letztlich abhaengen, ob meine Schlussfolgerungen fuer zutreffend gehalten werden oder nicht.“
David Hume: Brief an einen Arzt. Edinburgh 1734.