Rolf Reinhold fing an zu philosophieren, als sein Leben noch in den Kinderschuhen steckte. Seine Aeusserung im Religionsunterricht „Auch Moses war nur ein Mensch“ kann als einer von vielen Hinweisen dafuer gelten, dass ihm Autoritaetsglaeubigkeit stets fremd gewesen ist. Sein Resuemee, dass Menschen sich durch ihre Eigenheiten unterscheiden, veranlasste ihn ‚akzeptieren‘ anderer zu praktizieren.
Verwandte Ansaetze
Als er Jahrzehnte spaeter feststellte, dass seine Schlussfolgerungen aus seinem Hinsehen und Handeln eine Art zusammenhaengendes Ganzes ergab, das auch sein Beratungsangebot trug, stellte er bei seinen ersten philosophiegeschichtlichen Forschungen fest, dass er seine Art und Weise die Dinge zu sehen, teilweise in sensualistischen, konstruktivistischen, skeptischen und empirokritizistischen Philosophien wieder fand. Die Freude darueber Verwandtes zu finden, wurde getruebt durch die Tatsache, dass alle diese Philosophien randstaendig waren.
Philosophischer Mainstream
Wenn die Schlussfolgerungen lebenslangen eigenen Hinsehens und Handelns als nebensaechlich charakterisiert werden, worin besteht Philosophieren dann hauptsaechlich? Innerhalb von drei Jahren fand Rolf Reinhold erste brauchbare Antworten, die er mir zum Diskurs anbot, als wir uns vor 4 Jahren kennen lernten. Ich war damals eine Vertreterin der hauptsaechlichen Philosophie. D.h. ich ging ganz selbstverstaendlich davon aus, dass Menschen aus Koerper und Geist-Seele bestehen, dass „gut“ und „boese“, „richtig“ und „falsch“, notwendige und hilfreiche Kategorisierungen, dass „Objektivitaet“ und „Wahrheit“ sinnvolle Ziele seien. Inzwischen hat unser Diskurs mich dazu angeregt, jenseits meiner uebernommenen Dogmen meine eigenen Werte und physistischen Sichten zu entdecken. Ich habe nichts verloren, sondern Lebenswertes gewonnen. Wie es kam, dass ich mich auf diesen Diskurs einliess, erfahren Sie hier.
Charakteristika von DIEPhilosophie
Ausgehend von der Unterscheidung zwischen nebensaechlich und hauptsaechlich, lassen sich aus Reinholdscher Sicht folgende Merkmale fuer die hauptsaechliche Philosophie ausmachen – Rolf Reinhold bezeichnet sie auch als „DIEPhi“ bzw. als „philosophischen Mainstream“:
Der philosophische Mainstream
- haelt Metaphysik fuer Philosophie.
- handelt mit mythischen Denkfiguren
- pflegt Traditionelles
1. Auch wenn Metaphysik nicht mehr ausdruecklich im Wortschatz der „DIEPhi“ vorkommt, lassen sich Merkmale und Vorgehensweisen finden, die ihre metaphysische Herkunft verraten. Es handelt sich dabei vor allem um die Auffassung, dass Menschen Koerper und Geist haetten. Philosophen, die sich darauf beziehen, bestehen auch darauf, dass Bewusstsein, Vernunft, Verstand und eine irgendwie geartete geistige Zugriffsweise brauchbare philosophische Werkzeuge zu sein haetten, da man sonst sinnvollerweise von Philosophie nicht mehr reden koenne. Sie geben stets der Theorie den Vorzug vor der Pragmatik und halten sie fuer dieser ueberlegen.Peter Bieriund Ernst Tugendhat koennen stellvertretend fuer viele gelten, die an Hochschulen und mit Veroeffentlichungen dafuer eintreten. Sie setzen Sichtweisen fort, die sich u.a. aus Kant’s Transzendentalphilosophieeiner „reinen Vernunft“ ergeben, die letztlich auf cartesianische, platonische und aristotelischeAnnahmen zurueckgehen.
2. „DIEPhi“ operiert implizit mit Vorstellungen, dass „Geist“, “ Bewusstsein“, „Verstand“ und „Vernunft“ ein „Etwas“ sei. Daraus leitet sie weiter den Mythos ab, dass dieses „Etwas“ uns zum Macher unseres Handelns befaehige. Dabei spielt das „Ich“ eine zentrale Rolle, dem durch die Behauptung, dass es immer dasselbe sei, Konstanz und Dominanz unterstellt wird. Die Ergebnisse naturwissenschaftlicher Menschenforschungen werden von „DIEPhi“ daher im allgemeinen marginalisiert oder instrumentalisiert.
3. „DIEPhi“ beschaeftigt sich demzufolge nicht mit einem konkreten Gegenstand des Forschens, sondern handelt mit Erklaerungsmodellen bzw. Theorien, die an traditionelle anknuepfen. Deren Brauchbarkeit fuer die Gegenwart wird fraglos vorausgesetzt. Die Distanz zu Problemen von Menschen heute wird so immer groesser. Der traditionelle Ballast der Sprache und Vorstellungen macht „DIEPhi“ unkapierbar.
EigentlichePhilosophie
Die Rolf Reinholdsche Alternative EigentlichePhilosophie schliesst Metaphysik und Mythos aus und fordert auf zu den Dingen zu gehen, um aus gemeinsamen Hinsehen darauf Annahmen und Schlussfolgerungen zu finden, die ein gemeinsames Handeln – Forschen einschliesslich – besser funktionieren lassen, als dies DIEPhilosophie mit 2500 jaehrigem Ballast im Gepaeck leisten kann. Die Annahmen Rolf Reinholds sind reflektierter und jederzeit disponabler Inhalt seines Philosophierens. Aus seiner Sicht sollte EigentlichePhilosophie anstelle der zum Glauben gewandelten „DIEPhi“ die einzig akzeptierte sein.
Einen ähnlichen Rahmen zu philosophieren, hatte auch Hume vor ungefähr 250 Jahren vorgeschlagen. Er verabschiedete sich von der traditionellen Philosophie weil sie seinen eigenen Forschungen und Schlussfolgerungen nicht entsprach. Er hatte herausgefunden , …
„…, dass die Philosophie ueber menschliches Handeln seit der Antike mit derselben Unzulaenglichkeit arbeitet wie die Naturwissenschaften. … Ich halte es inzwischen fuer eine Tatsache, dass die meisten verstorbenen Philosophen Opfer ihrer eigenen ueberragenden geistigen Faehigkeiten geworden sind. Außerdem bin ich sicher, dass man nicht viel mehr tun muss, um zu verwertbaren Ergebnissen zu kommen, als alle diese alten Vorurteile zugunsten der eigenen Meinung oder der anderer wegzuwerfen. Davon duerfte es letztlich abhaengen, ob meine Schlussfolgerungen fuer zutreffend gehalten werden oder nicht.“
David Hume: Brief an einen Arzt. Edinburgh 1734.